Geschichte der Siam & Thai

Die Thai ist die ursprüngliche Form der Siamkatze in der Optik, welche die Siam bis in die 40er Jahre inne hatte. Sie teilt mit der Siam Wurzeln und ein Großteil ihrer Geschichte.

 

9. Siamzucht in Österreich

Eine der ersten Katzenausstellungen in Österreich fand 1899 in Neu Dorf mit mehr als 1000 Katzen statt. Unter den ausgestellten Katzen war eine „echte siamesische Katze“. (1) In erster Linie waren diese Shows Verkaufsausstellungen der Tierhändler.
Bereits ein Jahr zuvor kamen Siamkatzen direkt aus Asien als Geschenk des thailändischen Königs in Wien an, um dort im Tiergarten ausgestellt zu werden. Sie waren in der Haus-Datenbank nur als „Hauskatze“ eingetragen. Ob sie für die Besucher zu sehen waren oder nicht, lässt sich nicht mehr sagen.

 

„An den kaiserlichen Thiergarten in Schönbrunn ist, als ein Geschenk des Königs von Siam, eine werthvolle Sendung von Katzen gekommen, durch welche die Katzensammlung des Thiergartens stark bereichert worden ist. Zunächst vier äußerst zierliche und zahme siamesische Hauskätzchen, kleiner und feiner als unsere Hauskatze; weißlich und bräunlich-weiß das Fell, Thierchen wie von Porzellan. Auffallend find die Augen der kleinen Thiere, groß und von unbestimmter, meergrüner Färbung.“ (2)

Was mit den Tieren passiert ist, lässt sich nicht mehr genau eruieren. Eine Siamkatze ging den Archiven nach an Prinz Heinrich von und zu Liechtenstein, andere an Liebhaber. Es gibt noch 1903 einen Eintrag in den im Haus-, Hof- und Staatsarchiv, einer Abteilung des österreichischen Staatsarchivs, erhaltenen Unterlagen über den Tiergarten Schönbrunn mit folgender Eintragung:
Haus-Katzen- Bastarde-Abgabe; Siamesische Haus Katze – Abgabe“. (3)
Im Jahre 1900 wird auch von sechs Siamkatzen als Neuerwerbungen der Schönbrunner Menagerie berichtet:

 

„Neuerwerbungen für die Schönbrunner Menagerie. Außer einem indischen Nashorn, das nach zweiundvierzigtägiger Seefahrt in Fiume eingetroffen ist und vom Inspektor Kraus für Schönbrunn abgeholt wurde, hat, wie der „Wiener Abendpost mitgeteilt wird, die kaiserliche Menagerie in den letzten Wochen eine Reihe wertvoller Objekte erhalten. Diese sind: ein junger Löwe (Männchen) aus Deutsch-Ostafrika, der die weite Reise über Sansibar -Bombay- Triest zurücklegen musste und infolgedessen sehr herabgekommen ist. Sechs siamesische Hauskatzen, schöne zutrauliche Thiere, die gegen unser Klima sehr empfindlich sind und sorgsam behandelt werden müssen….“ (4)

Die erste internationale Katzenausstellung, ein langersehnter Wunsch der Katzenfreunde Österreichs, fand in der Wiener Gartenbaugesellschaft im Mai 1900 statt. (5, 6) Die Presse berichtet ausführlich über das Ereignis:

 

"Nie ist eine Wiener Ausstellung so schnell populär geworden, wie die der Katzen, welche als erste ihres gleichen auf österreichischem Boden Mittwoch Morgens in der Gartenbaugesellschaft eröffnet wurde. Bereits Mittwoch Nachmittags erfreuten sich die mit stillem Stolz in ihr Los ergebenen Bierfüßler eines so massenhaften Besuches, daß die Leute, gedrängt wie die Häringe im Faße, in vier Reihen vor den mit Reisig und frischen Blumen geschmückten Käfigen standen und Donnerstag, am Feiertage, mußten die Billettencassen zeitweilig gesperrt werden— die weiten Säle der Gartenbaugesellschaft konnten die Menschen nicht mehr fassen, die ge­kommen waren, die liebenswürdigen Thiere zu besuchen und sich an ihrem Anblicke zu ergötzen... Auf unserer ersten Wiener Katzenausstellung sind neben einem zahmen Jagdleoparden über achtzig Katzen, meist solche der Angora- oder Halbangorarace, ausgestellt. Sie sind die Pionniere, welche ihren Brüdern und Schwestern, ihren Nachkommen auch bei uns eine bessere sociale Stellung erringen sollen. Man sieht in diesem schönem Kreise nicht die arme, von Hunden und Menschen gehetzte, seit Generationen zermarterte und halbverhungerte Kellerkatze der Wiener Zinskasernen, sondern königlich stolze, wohlerzogene Herren, Damen und Kinder des Katzengeschlechtes, welche auf bunten Polstern zu ruhen gewohnt sind und mit Behagen die Liebkosungen der Besucher entgegen­ nehmen. Mit sanften, weichen Pfoten spielen sie mit den Fingern der Kinder, die diese durch die Eisenstäbe zwängen, oder lassen sich von zarter Damenhand den wolligen Kopf krauen. Selbst der schon erwähnte Leopard läßt sich von jedem Besucher streicheln und fletscht freundlich die Zähne, wenn man ihn mit artigen Worten anspricht. Das vielbewunderte Prachtexemplar der Exposition ist ein langhaariger, schwarz und roth getigerter würdevoller Kater, der mit klugen, strohgelben Augen in die Welt blickt und eine Grandezza entwickelt, die an feine Vettern, die afrikanischen Löwen und bengalischen Tiger, gemahnt. Die mit Würde gepaarte Anmuth in jeder Bewegung, die ewige, natürliche Schönheit, das freie, nie unterwürfige Wesen der großen Tropenkatzen zeichnet überhaupt Alle aus, die da ausgestellt sind. Alle bis aus Eine. Das ist eine sehr gewöhnliche, recht unscheinbare Kellerkatze, die fünf Angora-Junge mit zartester Mutterliebe betraut. Sie kennt nur ihre putzigen, drolligen Kinder, die so wunderschön sind und beachtet die Bewunderer der kleinen Schaar beinahe gar nicht... Ein jugendliches, schneeweißes Katzenfräulein, kokett und vornehm zugleich, hat die kaiserliche Schloßverwaltung in Laxenburg ausgestellt. Sie stammt von jenem Liebling der unglücklichen Kaiserin Charlotte, von dem sich die arme Fürstin, nach ihrer Rückkehr aus Mexico, nur mit Gewalt trennen ließ. Das treue Thier wurde nach Laxenburg gebracht, wo die ebenfalls Weißen Angorakatzen der kleinen Erzherzogin Gisela und des kleinen Kronprinzen Rudolf— mit einer derselben ist der unvergeßliche kaiserliche Prinz als Knabe photographiert— ein behagliches Dasein führten. Die großen Augen der Ausstellungskatzen sind überhaupt bezaubernd in ihrer seelenvollen Unergründlichkeit. Es sind Katzen da mit grünen, gelben und himmelblauen, mit braunen und violetten Augen, Katzen, deren Fell schneeweiß oder rabenschwarz, graubraun oder graublau, hellbraun oder ziegelroth ist, Katzen in allen Größen und mit den verschiedensten Physiognomien..." (7)

"Die internationale Katzenausstellung, welche am 15. d. Mts. in Neu-Dorf eröffnet wurde, lockt eine große Menge Besucher. Es sind im Ganzen etwa 1000 Katzen aller Art und Länder ausgestellt. Die Schönsten sind "King Tab", welche von Frankreich gesandt wurde und auf 1000 Pfund Sterling geschätzt wird. "Black Agnes" von Holland, die 200 Sterling werth ist, und eine echte siamesische Katze, für welche Liebhaber 100 Pfund Sterling zahlen möchten."

Zu den bekanntesten und oft erwähnten Siamzüchtern gehörte Kommerzialrat Joe Lesti aus Wien, der einen seiner Deckkater, Düssel, per Flugzeug zum Decken nach Berlin schickte.  Lesti, der die ersten Siamkatzen und andere seltene Rassen noch Wien brachte, versuchte sich auch in der Zucht von Ozelotkatzen. (8)
Eine weitere internationale Katzenausstellung fand im Mai 1926 in Wien statt. Folgendes wird berichtet:


„Die Sensation dieser Ausstellung bildete die siamesische Katzenfamilie des Kommerzialrates Joe Lesti aus Wien, die in einem gesonderten Käfig im Mittelpunkt der Ausstellung untergebracht war… Kommerzialrat Joe Lesti, der wohlbekannte Tierfreund… hat weder Kosten noch Mühen gescheut, im vergangenem Jahre ein reinrassiges siamesisches Katzenpaar direkt aus Siam….. zu importieren. Nun brachte Kommerzialrat Joe Lesti den ersten Erfolg seiner Zucht, sieben erst wenige Tage alte Kätzchen zur Schau, die mit den stolzen Eltern, dem schokoladenbraunen zweijährigen Kater „Prince Simon“ und der isabellenfarbigen Katze „Zola“, in einer Wurfkiste innerhalb des Käfigs den Hauptanziehungspunkt bildeten. Man kann sich ungefähr eine Vorstellung von dem Liebhaberwert dieser seltenen und bisher in Österreich einzigen Tiere machen, wenn man hört, daß die kaum wenige Tage alten Jungtiere bereits einen Verkaufspreis von 800 Schilling per Stück von der Ausstellungsleitung bewertet wurden…“

Von der Gründung des ersten Katzenklubs mit Namen „Klub der Katzenfreunde“ wird 1926 berichtet. Über die Zucht von Siamkatzen wird berichtet:

 

„…Dagegen hat sich der seltene Fall ereignet, daß eine siamesische Tempelkatze sechs Junge zur Welt gebracht hat, die alle springlebend und gesund sind und Liebhaberpreise bis zu vierhundert Schillinge erzielt haben. Der Tempelkater hat allerdings bereits das Zeitliche gesegnet und es wird nun nach einem tatkräftigen Vormund für die nächsten Kinder der Tempelkatze gesucht…“ (11)

Über die Tier- und Präparatenausstellung im Prater 1927 schreibt die Presse:

 

Ferner ist in der Ausstellung eine siamesische Königskatze zu sehen, von deren Rasse man sich eine seltsame Geschickte erzählt. Werden hohe Persönlichkeiten in Siam bestattet, so wird eine solche Katze mitbegraben und wenn es ihr gelingt, sich aus der Erde zu befreien, ist nach der Meinung der Eingeborenen, die Seele des Toten auf die Katze übergegangen.“ (12)

Vor allem sind bemerkenswert die Kommerzialrat Lesti gehörigen heiligen Tempelkatzen, die isabellenfarbige Zola, die Stammmutter der österreichischen Siamesen mit ihren sieben Jungen…“ (13)

Anlässlich der Katzenausstellung im Mai 1928 schreibt die Zeitung:

„Die Hauptattraktion bildeten auch bei der dies-jährigen Ausstellung die Siamesischen Tempelkatzen. Solange König Kulalongkorn von Siam noch lebte, war es bei Todesstrafe verboten, diese als heilig geltenden Tiere über die Grenzen des Landes zu bringen. Jetzt ist man in Siam freilich nicht mehr so strenge. Die „Siamesen“ mit den drolligen Köpfen sind heuer in der Ausstellung sehr zahlreich vertreten.“ (14)

Über die Siamkatze schreibt man 1931:

"...Was übrigens die Siamkatzen anbelangt, so waren diesen mächenhaft schönen Geschöpfe mit den wundervollen saphirblauen Augen noch vor wenigen Jahren in Wien eine Seltenheit, mußten um hohen Preis, bis zu 1500 Schilling, erstanden werden. Heute hat man die klugen Tiere schätzen und züchten gelernt. Es gibt in der Ausstellung allein gegen zwanzig Siamkatzen, und ihre Besitzerinnen erzählen begeistert, daß sich jene wie Hündchen auf der Straße an der Leine führen lassen. Man kann heute ein junges Siamkatzenkind bereits um einen ganz bescheidenen Betrag erstehen und die Zeit wird nicht ferne sein, wo jeder Wiener in seinem Hause eine Siamkatze haben wird…“ (15)

Anlässlich einer Katzenausstellung 1938 wird der Siamkater Bobby von Rabensburg aus Wien ausgezeichnet. (17)

 

„Den Siegertitel erhielt ein Paar Langhaar-Siam-Birma-Katzen aus Berlin. Mit Preisen wurden bedacht der blaue Langhaarkater „Odin von Hildburghausen" (Berlin), die Siamkater „Bobby von Rabensburg" (Besitzer Franz Oldosredi, Wien) und „Mucki" (Besitzerin Emilie Nzabeck, Wien) und die blaue Langhaarkatze „Dame von Alteneichen" (Besitzer Herbert Goetze, Chemnitz).“ (18)

In Neuen Wiener Tagesblatt vom 16.6.1940 findet sich eine Anekdote über einen Siamkater, der nicht Straßenbahn fahren wollte:

 

„Freitag abend fuhr die 34jährige Karoline Kubiczek mit ihrer Familie in einem Straßenbahnzug und hatte in einem Reisekörbchen ihren siamesischen Kater mit sich. Während der Fahrt wurde der Kater unruhig und wollte schließlich mit einem Satz aus dem Reisekörbchen springen. Frau Kubiczek hielt ihn fest und wurde von dem aufgeregten Tier durch mehrfache Bisse an beiden Händen verletzt, so daß sie vom Arzt des Rettungsdienstes behandelt werden mußte.“ (20)

 

Auf der Internationalen Katzenausstellung 1950 wurde der Siamkater Bonny face Internationaler Champion. (21)
Als Zuchtkater wurde Turandot von Avalun aus der Zucht von Elisabeth Eytzinger nach Wien gesandt.
Eine große Anzahl der Zuchttiere/ Linien in österreichischen Stammbäumen kommt aus Ungarn. Hier wären vor allem die Zwinger SÀFRÀNY, BALATONY, PÈCSI-KEDVES, ANGYALFÖLDI GRÀF, EGRI usw. zu nennen. Vor allem ungarische alte Siamlinien werden auch nach der Anerkennung der Thai in der WCF weiter als SIAM in den Stammbäumen ausgewiesen. Beispielsweise: Ligeti Bonifac (*30.8.1992). (22)

 

Folgende Zuchten der traditionellen Siam / Thai aus den 90er´ aus Österreich sind bekannt: SHIKAHR (Brigitte Hörtl), VULCAN´s, vom LICHTPUNKT (Ursula Hamp), vom KLEINFELDE (Karin Koller) oder vom KAISERSTRAND (Ingrid Gasser).

 

 

QUELLEN

 

(1) Zeitschrift Feldkircher Anzeiger, 24.1.1899

(2) Wiener Zeitung 26. Juni 1898

(3) Die Info wurde freundlicherweise von Dr. Gerhard Heindl, Wien recherchiert; Quelle: 1903-75/D/4: 166, 1618

(4) Das Vaterland, 26. Oktober 1900

(5) www.kulturpool.at

(6) Das interessante Blatt 31.5.1900

(7) Wiener Salonblatt 27.5.1900

(8)  Illustrierte Kronen Zeitung, 15. Mai 1927

(11) Neues Wiener Journal, 21. September 1926

(12) Neues Wiener Journal, 5. Juli 1927 + Kleine Volks-Zeitung, 15. Mai 1927

(13) (Neuigkeits) Welt Blatt, 17. Mai 1927

(14) Illustrierte Kronen Zeitung, 27. Mai 1928

(15) Neues Wiener Journal, 6. Juni 1931

(17) Der Montag, 30. Mai 1938

(18) Neues Wiener Tagblatt, 30. Mai 1938

(20) Neuen Wiener Tagesblatt vom 16.6.1940

(21) Das kleine Volksblatt 19. September 1950

(22) Ligeti Bonifac, Besitzer Egon Zimmermann, Cattery Heiligensteiner

 

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